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Geschäftsgetriebene Testautomatisierung

Geschäftsgetriebene Testautomatisierung

Der Wandel klassischer Teststrukturen in Unternehmen wird zunehmend durch methodisch eingebundene Fachabteilungen geprägt. Ein Beispiel zeigt, wie Mitarbeitende ohne IT-Hintergrund schrittweise in die Testautomatisierung eingeführt werden – mit vertrauten Werkzeugen, angepasstem Wording und systematischen Coaching-Ansätzen. Ziel ist es, Fachwissen direkt in die Qualitätssicherung einzubinden und aufwendige manuelle Tests nachhaltig zu reduzieren. Der Fokus liegt auf risikobasierten sowie geschäftsgetriebenen Tests, begleitet von einer Kultur der kontinuierlichen Verbesserung. So entstehen Prozesse, die nicht nur Effizienz steigern, sondern auch das Verständnis für Softwarequalität im gesamten Unternehmen stärken.

Podcast Episode: Geschäftsgetriebene Testautomatisierung

In dieser Episode spreche ich mit Jörg „Jogi“ Sievers von der Signal Iduna über geschäftsgetriebene Testautomatisierung. Jogi zeigt uns, wie Fachabteilungen trotz ihrer Alltagspflichten effektiv in die Testautomatisierung eingebunden werden können. Mit viel Pragmatismus, einer guten Portion Humor und cleveren Ansätzen – etwa durch vertraute Metaphern wie den „Schienenersatzverkehr“ – schafft er es, Testen leichter zugänglich zu machen.

"Wir fragen die Leute, die das Werkzeug nachher benutzen sollen. Nur so kannst du echte Akzeptanz schaffen." - Jörg Sievers

Jogi ist seit über 25 Jahren Spezialist für Testautomatisierung und Software-Qualitätssicherung. Davor arbeitete er ein Jahrzehnt lang in der Lebensmittelindustrie, wo sein Auge für Qualität von Anfang an geschärft wurde. Privat hat er sich im Vor-Internet-Zeitalter auf die Datenfernübertragung spezialisiert (Bulletin Board Systems (BBS), auch Mailboxen genannt), bis er schließlich in der IT landete. Installationen, Migrationen, Support und Schulungen für Arztpraxissoftware, sowie der Verkauf und die Installation von PCs, NeXT-, Sun- und Apple-Computern verschafften ihm eine breite Basis an IT-Wissen. Es folgten die Oberflächentestautomatisierung von StarOffice und OpenOffice.org als Desktop-Anwendungen sowie Sun WebOffice in der Webwelt. Danach arbeitete er zehn Jahre für einen Softwarehersteller und -dienstleister in der Energiewirtschaft, bevor er vor vier Jahren zur SIGNAL IDUNA Gruppe kam.

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Highlights der Episode

  • Fachabteilungen wurden erfolgreich in die Testautomatisierung integriert
  • Testmethodik basiert auf risikobasierten Szenarien statt historischer Datensätze
  • Testsprache und Prinzipien wurden durch angepasste Metaphern leicht verständlich gemacht
  • Coaching-Ansatz mit Ensemble-Testing sichert nachhaltige Testkompetenz
  • Synthetische Testdatengenerierung und Contract-Testing sind zentrale Zukunftsziele

Testautomatisierung mit Business-Fokus

Einführung in die geschäftsgetriebene Testautomatisierung

Die geschäftsgetriebene Testautomatisierung gewinnt im Versicherungskontext zunehmend an Bedeutung. Bei Signal Iduna wurde dieser Ansatz gezielt implementiert, um den besonderen Anforderungen der Branche gerecht zu werden. Testautomatisierung im Versicherungsumfeld erfordert nicht nur technisches Know-how, sondern auch tiefgehendes fachliches Verständnis der Geschäftsprozesse und regulatorischen Vorgaben.

Frühere Automatisierungsversuche bei Signal Iduna hatten mit erheblichen Herausforderungen zu kämpfen. Die Tests wurden hauptsächlich von Entwicklerteams durchgeführt, die jedoch oft nicht über das nötige versicherungsspezifische Fachwissen verfügten. Dies führte dazu, dass wichtige fachliche Aspekte und branchenspezifische Risiken unzureichend abgedeckt wurden. Ein reines technisches Testen stieß an seine Grenzen, wenn komplexe Versicherungsprodukte und regulatorische Compliance im Fokus standen.

Die Einführung einer geschäftsgetriebenen Testautomatisierung beseitigte diese Lücke durch die enge Zusammenarbeit zwischen Technikern und Fachexperten. So konnte sichergestellt werden, dass automatisierte Tests nicht nur technische Funktionalitäten prüfen, sondern auch das korrekte Verhalten aus Sicht des Versicherungsgeschäfts validieren. Damit wurde ein entscheidender Schritt hin zu einer qualitativ hochwertigeren und auditkonformen Testautomatisierung bei Signal Iduna vollzogen.

Rahmenbedingungen und Anforderungen in der Versicherungsbranche

Die Einhaltung der VAIT (Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT) stellt für die Testautomatisierung in der Versicherungsbranche eine zentrale Herausforderung dar. Prüfungen unter VAIT erfordern sowohl technische als auch fachliche Freigaben, um sicherzustellen, dass die Systeme den regulatorischen Vorgaben entsprechen.

Technische Freigaben

Die technischen Freigaben werden häufig durch Versicherungsmakler oder entsprechende Experten erteilt, deren Wissen für eine fundierte Bewertung unerlässlich ist.

Fachliche Freigaben

Fachliches Versicherungswissen ist notwendig, um die Komplexität der Produkte und Prozesse korrekt abzubilden und Risiken präzise zu bewerten.

Zur Sicherstellung einer auditkonformen Dokumentation wurde bewusst ein Tool gewählt, das eine Excel-ähnliche Bedienung ermöglicht. Diese Form der Dokumentation erleichtert nicht nur den Nachweis gegenüber Prüfern, sondern unterstützt auch die Nachvollziehbarkeit und Transparenz aller Testaktivitäten. Durch diesen Ansatz wird sowohl die technische als auch die fachliche Qualitätssicherung gewährleistet.

Auswahl und Einführung der Testtools bei Signal Iduna

Der Auswahlprozess für die Testtools wurde von zwei technisch versierten Mitarbeitern durchgeführt, die dabei Usability-Tests als entscheidendes Kriterium heranzogen.

Um die Testziele klar zu definieren und ein risikobasiertes Vorgehen zu etablieren, wurden halbtägige Trainings durchgeführt.

Die Einführung der Testautomatisierung erfolgte unter Berücksichtigung der angepassten Kiterra-Vier-Säulen-Strategie. Diese Testautomatisierung hat sich mittlerweile von einer Kür zu einer Pflicht entwickelt und steigert die Effizienz in der Qualitätssicherung erheblich.

Organisationsstruktur und Teamzusammensetzung für die Testautomatisierung

Die Organisationsstruktur bei Signal Iduna hat sich seit 2019 durch eine agile Transformation weiterentwickelt. Dies beinhaltet die Einbindung von Business Analysten in cross-funktionalen Teams, um eine ganzheitlichere Herangehensweise sicherzustellen. Zudem wurde ein Coaching-Modell implementiert, welches wöchentliche Teamcoachings sowie Ensemble Testing im Center of Excellence seit September vorsieht.

Die Teams sind so zusammengesetzt, dass sie sowohl Techniker mit Automatisierungserfahrung als auch fachliche Experten umfassen. Diese Mischung gewährleistet ein breites Spektrum an Fachwissen und technischer Kompetenz für die effektive Umsetzung der geschäftsgetriebenen Testautomatisierung.

Prinzipien und Methoden der Testautomatisierung bei Signal Iduna

Signal Iduna setzt in der Testautomatisierung auf bewährte Prinzipien wie das Triple A Prinzip, das aus den Schritten Arrange, Act und Assert besteht. Hierbei wird zunächst die Ausgangssituation vorbereitet (Arrange), dann die Aktion ausgeführt (Act) und abschließend das Ergebnis überprüft (Assert). Ergänzend dazu kommt der Rail Replacement Service zum Einsatz, der eine strukturierte Vorgehensweise mit den Phasen Setup, Execute und Verify verfolgt.

Die geschäftsgetriebene Testautomatisierung basiert auf einem verhaltensbasierten Ansatz, der besonders für komplexe Versicherungsprojekte geeignet ist. Durch diesen Fokus auf das erwartete Verhalten der Software lassen sich Tests präziser und aussagekräftiger gestalten.

Ein zentraler Bestandteil sind risiko-basierte Schulungen, die praxisnah Beispiele wie Äquivalenzklassenbildung und Grenzwertanalyse vermitteln. Diese Trainings unterstützen Teams dabei, kritische Szenarien zu identifizieren und effizient zu testen, was die Qualität der Automatisierung nachhaltig steigert.

Zusätzlich zur Umsetzung dieser Prinzipien und Methoden könnte eine Transition zu Open Source Testautomatisierung in Betracht gezogen werden. Diese Art von Testautomatisierung kann herausfordernd sein, aber der Wechsel zu Open Source Lösungen steigert die Effizienz und reduziert manuelle Eingriffe erheblich. Für eine tiefere Einsicht in die Konzepte, Methoden und Techniken der Testautomatisierung empfehle ich das Buch von Richard Seidl, welches umfassendes Basiswissen vermittelt um Tests effizienter zu gestalten.

Erfolgreiche Projekte und praktische Erfahrungen in der geschäftsgetriebenen Testautomatisierung bei Signal Iduna

Die Automatisierung des Kundenportals für digitale Korrespondenz und Produktkäufe zählt zu den herausragenden Erfolgen bei Signal Iduna. Dieses Projekt läuft seit über 3,5 Jahren stabil ohne Abbrüche und zeigt, wie nachhaltige Testautomatisierung umgesetzt werden kann.

Wesentlich für den Erfolg war die Optimierung des Login-Verhaltens im Portal, wodurch Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit verbessert wurden. Die Automatisierung ermöglichte eine deutliche Reduzierung des Aufwands, da die Kommunikation zwischen Entwicklern und Fachtestern spürbar effizienter wurde.

Die Testautomatisierung verschiedener Systemarten spielte eine entscheidende Rolle in diesem Prozess. Die enge Zusammenarbeit der Teams sorgte dafür, dass fachliche Anforderungen präzise in automatisierte Tests übersetzt werden konnten. Damit wurde nicht nur die Qualität der Software gesteigert, sondern auch die Wartbarkeit der Tests sichergestellt.

Die Praxis zeigte, dass durch kontinuierliche Automatisierung und abgestimmte Prozesse langfristig ressourcenschonend gearbeitet werden kann – ein klarer Gewinn für das gesamte Unternehmen.

Technische Aspekte, Toolvergleich und Datenmanagement in der geschäftsgetriebenen Testautomatisierung bei Signal Iduna

Die Geschäftsgetriebene Testautomatisierung bei Signal Iduna beinhaltet den Vergleich von zwei verschiedenen Tools für unterschiedliche Anwendungszwecke:

  • Cypress: Geeignet für One-Pager Apps, die spezielle Anforderungen an die Testautomatisierung haben.
  • Sahi Pro: Besser geeignet für Systemänderungen und die Interaktion mit anderen Systemen.

Es wird darauf geachtet, dass die Tester einfache Programmiersprachen verwenden, während die Entwickler JavaScript einsetzen. Diese Kombination verbessert die Zusammenarbeit zwischen den Teams und ermöglicht eine effiziente Umsetzung von Testfällen.

Zukunftsperspektiven der geschäftsgetriebenen Testautomatisierung im agilen Kontext bei Signal Iduna

Die Weiterentwicklung der geschäftsgetriebenen Testautomatisierung bei Signal Iduna orientiert sich an einer konsequenten agilen Adaption. Ein zentraler Fokus liegt auf der synthetischen Testdaten-Erzeugung, um die Qualitätssicherung noch effizienter und flexibler zu gestalten. Durch die Generierung künstlicher, aber realistischer Daten können Tests unabhängig von realen Produktionsdaten durchgeführt werden, was sowohl Datenschutzaspekte als auch die Verfügbarkeit von Testdaten verbessert.

Die Motivation, erfolgreiche Erfahrungen aus bisherigen Projekten zu teilen, dient als wichtiger Anreiz für kontinuierliche Verbesserung. Diese Offenheit fördert eine verstärkte Akzeptanz von Automatisierungslösungen in den Teams und unterstützt die Etablierung einer nachhaltigen Teststrategie. Die Kombination aus agilen Arbeitsweisen und innovativen Techniken wie synthetischer Datenerzeugung stärkt die Rolle der Geschäftsgetriebenen Testautomatisierung als integralen Bestandteil moderner Softwareentwicklung im Versicherungsumfeld.

Häufige Fragen

Was versteht man unter geschäftsgetriebener Testautomatisierung im Versicherungskontext?

Geschäftsgetriebene Testautomatisierung bei Signal Iduna bedeutet, dass die Testautomatisierung eng an den geschäftlichen Anforderungen und Prozessen ausgerichtet ist. Dabei werden fachliche Expertise und technische Automatisierung kombiniert, um qualitativ hochwertige Tests zu gewährleisten, die speziell auf die Versicherungsbranche abgestimmt sind.

Welche Rahmenbedingungen und Anforderungen gelten für Testautomatisierung in der Versicherungsbranche unter VAIT?

Unter VAIT (Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT) sind sowohl technische als auch fachliche Freigaben zwingend notwendig. Versicherungsfachwissen spielt eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Auswahl auditkonformer Tools mit Excel-ähnlicher Dokumentation, um die Audit-Dokumentation sicherzustellen und Compliance-Anforderungen zu erfüllen.

Wie erfolgte die Auswahl und Einführung der Testtools bei Signal Iduna?

Die Toolauswahl wurde von zwei technisch versierten Mitarbeitern anhand von Usability-Tests getroffen, wobei Anwenderfreundlichkeit im Fokus stand. Halbtägige Trainings klärten Testziele und den risikobasierten Ansatz. Die Einführung orientierte sich an der Kiterra-Vier-Säulen-Strategie, um eine strukturierte Implementierung der Testautomatisierung sicherzustellen.

Wie ist die Organisationsstruktur für die geschäftsgetriebene Testautomatisierung bei Signal Iduna aufgebaut?

Seit 2019 erfolgt eine agile Transformation mit cross-funktionalen Teams, in denen Business Analysten integriert sind. Ein Center of Excellence unterstützt mit einem Coaching-Modell inklusive wöchentlichen Teamcoachings und Ensemble Testing. Die Teams bestehen aus Technikern mit Automatisierungserfahrung sowie fachlichen Experten, um eine enge Verzahnung von Business und Technik zu gewährleisten.

Welche Prinzipien und Methoden werden bei der Testautomatisierung angewendet?

Signal Iduna nutzt das Triple A Prinzip (Arrange, Act, Assert) sowie den Rail Replacement Service (Setup, Execute, Verify). Die geschäftsgetriebene Testautomatisierung folgt einem verhaltensbasierten Ansatz für komplexe Projekte. Zudem werden praxisorientierte risiko-basierte Schulungen durchgeführt, z.B. zur Äquivalenzklassenbildung und Grenzwertanalyse.

Wie sieht die Zukunftsperspektive der geschäftsgetriebenen Testautomatisierung bei Signal Iduna aus?

Die Weiterentwicklung fokussiert sich auf agile Arbeitsweisen mit besonderem Augenmerk auf die synthetische Erzeugung von Testdaten. Ziel ist es, erfolgreiche Erfahrungen zu verbreiten, kontinuierliche Verbesserungen zu fördern und die Akzeptanz von Automatisierung im Unternehmen weiter zu steigern.

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