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Barrierefreiheitstests von PDFs

Barrierefreiheitstests von PDFs

Rechnungen, Formulare und Verträge prägen den Alltag, doch viele digitale Dokumente bleiben unzugänglich. Der Fokus liegt auf barrierefreien PDFs, getragen von EU-Vorgaben und dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Entscheidend sind saubere Strukturen: klare Überschriften, korrekte Tags, Alternativtexte und belastbare Tabellen, damit Screenreader verlässlich arbeiten. Besondere Herausforderungen entstehen bei großen Beständen: alte Dateien müssen transformiert, geprüft und in Serie abgesichert werden, oft in sechs- bis neunstelligen Stückzahlen. Tools und normative Prüfverfahren helfen, doch echte Sicherheit liefert erst das Testen mit betroffenen Nutzerinnen und Nutzern. Barrierefreiheit erweist sich dabei nicht als Pflichtübung, sondern als Qualitätshebel: Verständlichkeit steigt, Fehler sinken, Inhalte erreichen mehr Menschen.

Podcast Episode: Barrierefreiheitstests von PDFs

In dieser Episode spreche ich mit Baris Güldali über Barrierefreiheit in PDF-Dokumenten. Nicht nur Websites, auch Formulare, Verträge und Rechnungen müssen zugänglich sein. Baris erklärt, wie PDFs sauber strukturiert werden: Überschriften, Tags, Alternativtexte, sinnvolle Tabellen, damit Screenreader verlässlich arbeiten. Spannend wird es bei Bestandsdokumenten: transformieren, prüfen, skalieren - bis in dreistellige Millionenmengen. Wir sprechen über Tools, Prüfstandards und warum Tests mit Betroffenen unverzichtbar sind. Mir wichtig: Es geht nicht nur um Compliance. Gute Struktur und Verständlichkeit erhöhen die Qualität für alle.

"Und die Qualitätseigenschaften, die dort gefordert sind, die sind genauso Qualitätseigenschaften auch für Menschen ohne Einschränkung. Gute Struktur, Verständlichkeit, automatische Verarbeitbarkeit." - Baris Güldali

Dr. Baris Güldali ist ein fachlich vernetzter Methodenexperte für klassische und agile Softwareentwicklung mit Schwerpunkten Projektmanagement, agile Transformation und kontinuierliche Qualitätssicherung. Dabei steht die Auswahl von geeigneten Methoden, deren effektiver Einsatz für den Projekterfolg sowie die Unterstützung der Projektmitarbeiter stets im Vordergrund.

Seine fachlichen Kenntnisse basieren auf umfangreichen praktischen Erfahrungen im Management komplexer Projekte und umfangreichen Forschungsaktivitäten.

Neben seinem beruflichen Engagement ist er Mitglied im Leitungsgremium der Fachgruppe Test, Analyse und Verifikation von Software (TAV) in der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI e.V.). Er war lange Jahre Sprecher des Arbeitskreises für „Testen objektorientierter Programme“ und „Modellbasiertes Testen (TOOP/MBT)“. Er hält regelmäßig Vorträge auf renommierten Konferenzen (z.B. QS-Tag, German Testing Day, IT Tage, OOP) und ist Autor von zahlreichen wissenschaftlichen und praxisorientierten Publikationen.

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Highlights der Episode

  • PDF-Barrierefreiheit betrifft auch Formulare, Verträge und Rechnungen
  • Saubere Tags, Überschriften, Alternativtexte und verständliche Tabellen ermöglichen verlässliche Ergebnisse im Screenreader
  • Bestandsdokumente erfordern Transformation, automatisierte Prüfungen und Skalierung auf Millionenmengen
  • Tests mit Betroffenen sind zwingend für echte Nutzbarkeit
  • Barrierefreiheit steigert Qualität und Verständlichkeit für alle

Barrierefreie PDF-Dokumente: Mehr als Gesetz – ein Gewinn für alle

Barrierefreiheit geht über Webseiten hinaus

Viele denken bei Barrierefreiheit an Rampen oder Fahrstühle, vielleicht noch an Screenreader für Webseiten. Doch wer kommt beim Thema Barrierefreiheit direkt auf PDF-Dokumente? Richie, Gastgeber des Podcasts "Software Testing", wusste es zu Beginn des Gesprächs mit Baris Güldali selbst nicht. Erst im Austausch wurde ihm klar, wie wichtig barrierefreie PDFs sind. Gerade Banken, Versicherungen und andere Unternehmen schicken oft Verträge, Rechnungen und Bescheide eben als PDF. Wenn jemand blind ist oder eine andere Einschränkung hat, wird die eigene Teilhabe schnell schwierig, wenn diese Dokumente nicht zugänglich sind.

Was bedeutet Barrierefreiheit bei PDFs?

Baris erklärt, dass es nicht reicht, ein PDF einfach nur vorzulesen oder damit gut auszusehen. Barrierefreiheit bedeutet, dass jeder Mensch Zugang zu den Informationen im Dokument hat – egal, welche Einschränkungen da sind. Aktuell schreiben EU-Richtlinien und entsprechende Gesetze vor, dass auch PDFs im öffentlichen und privaten Bereich möglichst barrierefrei sein müssen. Bei neuen Dokumenten ist Barrierefreiheit Pflicht, bei Altbeständen kommt es auf den Einzelfall an. Wer hunderte Millionen PDFs jeden Tag durchs System schiebt, steht vor echten Herausforderungen.

Eine barrierefreie PDF muss eine sinnvolle Struktur haben. Dazu gehören:

  • Überschriften und klare Abschnitte
  • Beschriftete Tabellen
  • Alternativtexte für Bilder
  • Verlinkungen innerhalb des Dokuments

Blinde Nutzer*innen lesen ein PDF oft nicht von links nach rechts, sondern lassen sich die Inhalte mit einem Screenreader vorlesen. Da muss klar sein, unter welcher Spalte welches Datum steht oder was ein Bild eigentlich zeigt.

Tools und Testverfahren: Noch Luft nach oben

Im Web-Bereich gibt es viele automatisierte Tools, die Fehler in Sachen Barrierefreiheit sofort finden. Bei PDFs müssen Firmen und Organisationen auf andere Lösungen setzen. Es gibt spezielle Prüfwerkzeuge, sogenannte Screenreader und sogar Programme, die PDFs automatisch nach bestimmten Standards wie PDF-UA oder WCAG überprüfen. In großen Organisationen werden aber auch oft individuelle Java-Libraries und eigene Workflows entwickelt, um Mengen von PDFs zu prüfen und zu migrieren.

Dabei tauchen aber immer wieder Probleme auf. PDFs, die eigentlich für schönes Layout gebaut wurden, lassen sich selten einfach automatisiert in eine barrierefreie Form überführen. Je chaotischer das Ausgangsdokument, desto mehr Handarbeit oder Konzeption steckt darin. Mal muss "nur" Text nachgetaggt werden, manchmal müssen Vorlagen komplett neugestaltet werden. Gerade Tabellen, die als schicke Layout-Hilfen dienen, machen später großen Ärger bei der Umwandlung.

Die Praxis: Organisation, Zeit und Zusammenarbeit

Baris berichtet aus Projekten, bei denen teils hundert Millionen Dokumente transformiert werden mussten. Die Umwandlung eines Dokuments kann viele Sekunden brauchen. Bei vielen PDFs hilft dann nur noch Verteilen der Arbeit auf verschiedene Systeme – und trotzdem dauert der Prozess Wochen.

Baris' Team arbeitet dabei nicht nur technisch, sondern auch zusammen mit der Fachabteilung und Menschen mit Behinderung. Denn klar ist, niemand sieht alle Fehler aus der eigenen Perspektive. Besonders blinde Nutzer*innen oder Menschen mit anderen Einschränkungen geben wichtiges Feedback, was wirklich nutzbar ist – auf technischer wie auch sprachlicher Ebene.

Regulatorik als Chance – und als Haltung

Natürlich steht im Hintergrund immer das Gesetz. Niemand will Strafen riskieren. Doch Richie und Baris sind sich am Ende der Folge einig: Barrierefreiheit ist kein lästiges Pflichtthema. Sie verbessert die Qualität eines Dokuments für alle, nicht nur für Menschen mit Einschränkungen. Gute Struktur und Klarheit helfen jedem, auch den Sehenden. Wer wirkliches Interesse zeigt, schafft eine Willkommenskultur, wie sie Baris selbst auf Reisen mit der Bahn oder Kreuzfahrtschiffen schon erleben durfte.

Barrierefreie PDFs sind viel mehr als nur Checkboxen für den Gesetzgeber. Sie sind eine Einladung an alle, am digitalen Leben teilzunehmen. Und am Ende gewinnt jede und jeder von uns an Struktur, Übersicht und Klarheit – ganz unabhängig von den eigenen Fähigkeiten. Barrierefreiheit mitdenken: Es lohnt sich.

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