“Software ist heute essentiell. Eine Perspektive drauf genügt nicht!” – Richard Seidl
Als Tester ist man ja immer wieder mit Software konfrontiert, die zwar tut, was sie soll (also Umsetzung passt zu Anforderung und Testfall) – aber irgendwie trotzdem Grütze ist. Zu überbordend, zu kompliziert und einfach nicht gut durchdacht.
Ich wollte jetzt meine „Lieblingssoftware“ MS Teams ins Spiel bringen, die sich ja seit der Pandemie als Goldstandard in der Konzern- und Enterprise-Kollaboration etabliert hat. Und das liegt ja nicht daran, dass es eine gute Software ist 😉
Aber gerade liegt mir noch ein anderes Stück Software im Magen. Nämlich die von unserem Campingbus. Ein Paradebeispiel für Software ohne „Digitales Design“. Meine Och-Nö-Liste, die ich für meine Vorträge zu guter Software erstelle, konnte ich hier schon toll erweitern. Da gibt es mal so grundsätzliche Fehler:
- Beim Fahren geht manchmal im Wohnraum die Lüftung auf voller Stärke an
- Ein dummerweise zweites iPhone angeschlossen, jetzt funktioniert Carplay für keines der beiden iPhones mehr…oder sagen: manchmal geht eines
- Der Modus, der im Camping-Fall dafür sorgt, dass beim Tür-Öffnen der Wagen nicht wie ein amerikanischer Weihnachtsbaum leuchtet, ist nicht zuverlässig. Mal funktionierts, mal nicht (Workaround in einem Forum: Der Motor muss dabei laufen. Ja klar.)
Gut, als Tester kann ich mit sowas umgehen. Aber als Nutzer kommen noch andere Dinge hinzu:
- Es gibt drei Bedienkonsolen und es ist kaum klar, was wo einzustellen ist
- Der Bordcomputer samt Carplay (wenn es funktioniert) braucht mal gut eine Minute zum Starten
- Die Einstellungen zu Wlan, Esim und den meisten Funktionen sind so unintuitiv, dass ich mir selbst als Software-Ingenieur manchmal Entscheidungstabellen aufmalen muss, um eine Systematik zu erkennen.
Sollte eigentlich keine Raketenwissenschaft sein, oder? Und solche Beispiele kennt sicher jeder: Der Ticketautomat (oder die 100en Ticket-Apps), die SB-Kasse im Supermarkt, die ERP-Software im Büro,…
Software ist für alle da. Nicht nur für uns Techies. Aber diesen Blick nehmen wir viel zu selten ein.
Gute Software ist nicht fehlerfreie Software. Sondern die, die dem Nutzer bei seinen Aktionen unterstützt. Und da dürfen, nein müssen wir uns immer wieder fragen:
- Was braucht denn eine Software wirklich?
- Wie sieht der Prozess aus Nutzersicht aus?
- Wie kann dieser vielleicht besser gestaltet werden?
Oder ganz ketzerisch: Können wir nicht sogar Funktionen weglassen oder ausbaueh? Achtung: Diese Aussage kann in Meetings zu Schnappatmung und emotionalen Reaktionen führen!
Also: Lasst uns bessere Software machen!