Windturbinen sind weit mehr als nur große Rotoren, die Strom erzeugen. Im Hintergrund sorgt ein modular aufgebautes Zusammenspiel aus Software, Sensorik und Hardware dafür, dass sich die Anlagen etwa selbst zur Windrichtung drehen, sich an wechselnde Wetterbedingungen anpassen und technische Störungen erkennen. Komplexe Testverfahren sichern jede einzelne Funktion ab – vom Blinken der Lichter bis zu Sicherheitsvorkehrungen bei Blitzschlag.
In dieser Episode spreche ich mit Florian Wartenberg über das Testen von Windturbinen. Software trifft Stahl, Sensorik und Wetter. Wir sprechen über modulare Steuerungen, Safety-Logik und Schnittstellen, die im Labor simuliert und im Feld verifiziert werden. Es gibt Tests in einem Hardware-in-the-Loop-Aufbau im Keller und das dänische Testcenter in Oesterild. Die größten Tester im Raum bleiben Wind und Wetter. Darum fließen Flottendaten, Analytics und Predictive Maintenance in jede Entscheidung. Wir diskutieren Regulierung von Blitzschutz bis Cyber Resilience Act, Onshore vs. Offshore und Updates over the air.
"Desto modularer Du bist, desto besser kannst du dich auch an die Wetterbedingungen, an die Kundenwünsche und auch an die Regularien anpassen." - Florian Wartenberg
Florian Wartenberg ist ein erfahrener Experte für Softwarequalität und Testing im Bereich eingebetteter Systeme. Bei Vestas leitet er internationale Teams in der Qualitätssicherung von Turbinensteuerungssoftware und treibt strategische Verbesserungen in der Softwareverifikation voran. Sein Fokus liegt darauf, Qualität messbar zu machen und den geschäftlichen Mehrwert von Testinitiativen sichtbar zu machen. Florian ist als Sprecher auf Fachkonferenzen und Gast Lektor an Universitäten aktiv.
Windturbinen sind mehr als nur große Rotoren, die Strom erzeugen. Hinter jedem Windrad steckt ein komplexes Zusammenspiel aus Technik, Elektronik und Software. Wie dabei getestet wird, erzählt Florian Wartenberg im Podcast mit Richie . Hier ein Blick hinter die Kulissen: Was muss getestet werden, wie sieht das aus, und vor welchen Herausforderungen stehen Firmen in diesem Bereich?
Ein Auto zu testen kennt jeder in der Industrie. Aber eine Windturbine zu prüfen ist anders. Das ganze System hängt stark von Wetter und Umwelteinflüssen ab. Anders als im Labor können die Einflussfaktoren nicht einfach simuliert werden. Windrichtung, Geschwindigkeit, Blitzschlag und sogar gesetzliche Vorschriften sind echte Herausforderungen. Deshalb können viele Tests nur draußen, an echten Windrädern, stattfinden.
Eine Besonderheit ist die große Variantenvielfalt: Jede Turbine wird oft an die Wünsche des Kunden oder neue Regeln angepasst. Das macht das System modular, wie Florian Wartenberg erklärt. Einzelne Komponenten können getauscht oder verbessert werden, ähnlich wie bei Autos. Das ist aber noch nicht überall möglich – oft müssen komplett neue Turbinen gebaut werden.
Der Ablauf ist modular: Jedes Subsystem – etwa die Steuerung der Rotorblätter oder das Sicherheitssystem – wird erst einzeln getestet. Das passiert im Labor, mit Simulationen und Modellen. Später werden alle Teile in der echten Hardware getestet, zum Beispiel am Prototyp einer Turbine. Auf Systemebene werden schließlich Feldtests gemacht. Die Firmen haben oft Verträge mit Energieanbietern, damit an echten Anlagen geprüft werden kann.
Im Labor helfen Simulatoren und Hardware-in-the-Loop-Systeme dabei, das Verhalten nachzustellen, bevor die Software an eine echte Turbine kommt. So können Entwickler selbst ohne die große Hardware probieren und Fehler erkennen.
Windturbinen sind komplex. Sie richten sich nach dem Wind, drehen ihr “Häuschen” oben und stellen die Rotorblätter passend ein. Im Inneren sitzen Generator, Getriebe und Stromwandler. Das alles wird von einer zentralen Software gesteuert. Über 160 Subsysteme stecken laut der aktuellen Software in einer Turbine – von Blitzschutz bis zu unzähligen Sensoren für Wind, Temperatur, Vibration oder Rauch.
Das Ziel: Die Turbine muss sicher, effizient und regelkonform laufen. Zum Beispiel verlangen manche Länder, dass bei einem Blitzschlag sofort alles gestoppt wird, in anderen nicht. Die Software ist modular aufgebaut, aber läuft in einem System auf zentralen “Kontrollknoten”. Ein Controller ist für Sicherheit getrennt, um Fehler besser zu vermeiden.
Das Wetter kann niemand kontrollieren. Deshalb nutzen die Teams die Daten aus echten Turbinen, um die Software immer weiter zu verbessern. Ein eigenes Data-Science-Team wertet Millionen von Sensordaten aus, erkennt Muster, sucht Fehler oder plant Reparaturen bevor die Turbine steht. Viel Aufwand fließt in die Vorhersage von Problemen und die Optimierung des Betriebs.
Auch für Sicherheit, Stromausfälle oder Blitzeinschlag gibt es spezielle Testverfahren – oft mit richtiger Hardware, manchmal simuliert. Manche Tests, wie Überspannung und Hochspannung, können nur mit echter Hardware verifiziert werden.
Tests werden automatisiert durchgeführt. Die Hauptsprache in der Branche ist C++. Viele Teams nutzen interne, eigens entwickelte Frameworks, aber auch bekannte Tools kommen zum Einsatz. Die Ergebnisse laufen durch CI/CD-Pipelines, wie in anderen Industrien auch. Besonders wichtige Tests betreffen die Sicherheit und den Cyber-Schutz, denn die Windräder sind heute ans Internet angebunden, und die Regularien werden immer strenger.
Modularität wächst – und damit die Komplexität. Immer mehr Varianten verlangen neue Strategien dafür, dass alles zusammenpasst und getestet werden kann. Das Zusammenspiel von Vertrieb und Entwicklung wird wichtiger, damit nicht etwas verkauft wird, das technisch gar nicht abgedeckt werden kann.
Auch das Thema Updates spielt eine immer größere Rolle. Wie beim Smartphone wird erwartet, dass Software einfach und sicher aktualisiert werden kann. Das schafft neue Aufgaben in der Absicherung und im Testprozess.