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Jahresrückblick: KI und Zugänglichkeit - Richard Seidl

Geschrieben von Richard Seidl | 25.12.2025

2025 brachte eine Mischung aus Hype und Realismus in das Testen von Software. KI erhöhte die Leistung bei der Generierung von Testideen, der Erstellung von Testfällen, der Skripterstellung und der Datenaufbereitung, ersetzte aber nicht das menschliche Urteilsvermögen. Die Zugänglichkeit rückte mit der EU-Behindertenrechtsverordnung auf die Tagesordnung. Ein Plugin ist nicht genug. Frühe Designentscheidungen und manuelle Prüfungen sind wichtig. Die Signale für 2026 deuten auf agentenbasierte KI und eine Führungsrolle für Tester hin, die Werkzeuge und Risiken steuern. KI-Kompetenz breitet sich in Unternehmen aus.

Podcast Episode: Jahresrückblick: KI und Zugänglichkeit

In dieser Folge spreche ich mit Florian Fieber darüber, was das Jahr 2025 Tester/innen gelehrt hat und wie man sich auf das Jahr 2026 vorbereitet. KI steigert die Produktivität, aber sie ersetzt uns nicht. Der springende Punkt ist die Generierung von Artefakten wie Testideen, -fälle, -skripte und -daten. Die Zugänglichkeit ist durch das EU-KI-Gesetz gestiegen, aber viele unterschätzen die Arbeit. Ein Plugin ist nicht genug. Du brauchst manuelle Prüfungen und frühes Design. Für 2026 erwarten wir agentenbasierte KI und eine Pilotrolle für Tester. KI-Kenntnisse werden unternehmensweit verbreitet.

"Wir sind nur da, weil es das EU-Gesetz zur Zugänglichkeit gibt. Ich würde sagen, wenn es das nicht gäbe, wäre dieses Thema ein "nice to have" Thema. Natürlich nicht für alle, aber für viele Entscheidungsträger, die Geld ausgeben müssen und so weiter." - Florian Fieber

Florian Fieber ist Senior Consultant, Produktstratege und anerkannter Experte für Software Qualitätssicherung mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in diesem Bereich. Seine Arbeit bei TestSolutions konzentriert sich auf Teststrategie, Prozess-Assessment und -Verbesserung sowie den Entwurf von skalierbaren QS-Betriebsmodellen für den gesamten Softwarelebenszyklus. Er ist verantwortlich für das strategische Produktmanagement und die Portfolioentwicklung für Testdienstleistungen sowie für die interne Weiterbildung und das Wissensmanagement im Bereich Softwaretests.

Mit einem Hintergrund in Medieninformatik und Informationssystemen begann Florian seine Karriere als Softwareentwickler und wissenschaftlicher Mitarbeiter, bevor er in den Bereich Qualitätssicherung wechselte. Er war Mitbegründer mehrerer Beratungs- und Schulungsunternehmen und hat branchenübergreifend Organisationen bei der Einführung effektiver und nachhaltiger Testverfahren unterstützt. Seit 2022 ist er Präsident des German Testing Board und trägt aktiv zur Förderung professioneller Standards und der Ausbildung im Bereich des Testens von Software bei.

Highlights der Episode

  • KI steigert die Produktivität von Testern, wird sie aber nicht ersetzen.
  • KI ist am besten geeignet, um Testideen, -fälle, -skripte und -daten zu generieren.
  • Zugänglichkeit braucht frühes Design und manuelle Prüfungen; Plugins allein reichen nicht aus
  • Tester werden agentenbasierte KI in Teams steuern und koordinieren
  • KI-Kenntnisse müssen unternehmensweit über alle Rollen und Abteilungen hinweg vermittelt werden.

Year-In-Review: KI, Zugänglichkeit und die Zukunft des Testens von Software

Das Jahr 2025 neigt sich dem Ende zu und die Gemeinschaft des Software Testens befindet sich an einem faszinierenden Scheideweg. In der letzten Folge von "Software Testing Unleashed" hat sich Richie mit Florian Fieber, Chief Process Officer bei Test Solutions, zusammengesetzt, um die einflussreichsten Trends, Lektionen und Herausforderungen, denen Tester und Qualitätsingenieure in diesem Jahr begegnet sind, Revue passieren zu lassen - und um einen Blick auf das zu werfen, was 2026 ansteht.

Florian Fieber gibt einen Überblick über sein Jahr, das er auf zahlreichen Branchenkonferenzen verbracht hat. Der Dialog beleuchtet zwei Hauptthemen: das alles verschlingende Thema KI beim Testen und das stetige, von Vorschriften getriebene Wachstum beim Testen der Zugänglichkeit. Obwohl beide Bereiche die Gespräche und die Projektarbeit im Jahr 2025 geprägt haben, unterscheiden sie sich in Umfang und Komplexität deutlich voneinander.

KI: Das große Thema - und seine realistische Rolle für Tester

Die Anziehungskraft von KI in Kreisen der Softwarequalität ist unbestreitbar. Wie Florian Fieber feststellt, haben Diskussionen über "KI im Testen" und "Testen von KI-Systemen" Konferenzen, Webinare und Meetups dominiert. Dennoch ist eine gesunde Skepsis an die Stelle der früheren utopischen (oder dystopischen) Vorhersagen getreten, dass KI menschliche Tester vollständig ersetzen würde.

Was sind die wirklichen Auswirkungen? Florian Fieber betont, dass der wahre Nutzen von KI nicht in der Automatisierung um der Automatisierung willen liegt, sondern in der Beschleunigung der Produktivität. KI-gestützte Tools helfen erfahrenen Testern, schneller zu arbeiten, mehr Artefakte (wie Testfälle, Testskripte und Testdaten) zu erstellen und potenziell Aufgaben zu übernehmen, die zuvor aus Zeit- oder Ressourcengründen unerreichbar waren. KI muss jedoch mit erfahrenen, sachkundigen Testern gepaart werden - KI steigert die Effizienz, ersetzt aber nicht das Fachwissen.

In dem Vortrag wird auch darauf hingewiesen, dass KI zwar als vielversprechend gilt, es aber oft an strategischer Integration mangelt. Viele Unternehmen sind noch dabei, die wirkungsvollsten Anwendungsfälle zu befunden, anstatt KI einfach nur einzuführen, weil sie verfügbar ist. Die größten Fortschritte machten in diesem Jahr Teams, die KI zur Erstellung und Analyse von Artefakten einsetzten und sich damit von rein analytischen Aufgaben entfernten.

Testen der Zugänglichkeit: Regulierung treibt Aktion an - aber nicht ohne Herausforderungen

KI steht zwar im Rampenlicht, aber das Testen der Zugänglichkeit hat 2025 aufgrund des Drucks von außen, insbesondere durch die EU-Behindertenrechtsverordnung, große Fortschritte gemacht. Florian Fieber weist darauf hin, dass viele Unternehmen der Zugänglichkeit erst dann Priorität einräumten, als die gesetzlichen Anforderungen durchsetzbar wurden.

Aber es gibt auch eine Warnung: Die meisten Unternehmen haben den Umfang und die Tiefe eines angemessenen Tests der Zugänglichkeit unterschätzt. Es geht nicht darum, ein automatisches Browser-Plugin laufen zu lassen und eine Zertifizierung zu erhalten. Florian Fieber betont, dass neben technischen Lösungen auch eine manuelle Validierung notwendig ist, bei der menschliche Tester eine entscheidende Rolle spielen. Wenn Zugänglichkeitstests umfassend durchgeführt werden, können sie manchmal mehr Ressourcen erfordern als die ursprüngliche Erstellung einer Website oder App.

Eine weitere anhaltende Lücke besteht im Bewusstsein der Unternehmen. Es gibt immer noch Unternehmen, die Zugänglichkeit vernachlässigen - manchmal absichtlich, manchmal aufgrund mangelnder Aufklärung - vielleicht, weil die Strafen nicht so fehlerschwer sind wie bei der IT-Sicherheit oder dem Datenschutz. Zugänglichkeit wird von manchen fälschlicherweise immer noch als "nice to have" angesehen, obwohl sie für wirklich integrative und konforme Produkte nicht verhandelbar ist.

Was kommt als Nächstes? Vorbereitung auf die Realität des Testens im Jahr 2026

Der Blick in die Zukunft zeigt, dass die Dominanz der KI beim Testen nicht so schnell nachlassen wird. "Agentische KI" - KI-Agenten, die das Testen unterstützen oder sogar koordinieren - wird die Rolle des Testers wahrscheinlich weiter verändern. Florian Fieber geht davon aus, dass Tester/innen mehr wie Piloten/innen werden, die ihre Arbeit mit mehreren KI-Kopiloten/innen koordinieren und ihren Schwerpunkt von der manuellen Ausführung auf Aufsicht, Validierung und Strategie verlagern.

KI-Kenntnisse werden im Jahr 2026 ebenfalls entscheidend sein. Gesetze wie das EU-KI-Gesetz verlangen von den Unternehmen, dass sie alle Mitarbeiter/innen weiterbilden, nicht nur die Technikexperten. Tester sollten erwarten, dass sie ihr Wissen über KI-Technologien, Risiken und die praktische Anwendung in ihren täglichen Arbeitsabläufen vertiefen.

Das Testen von KI-Systemen selbst (im Gegensatz zur Verwendung von KI für das Testen) wird für Unternehmen, deren Produkte nicht-deterministische KI-Komponenten enthalten, an Bedeutung gewinnen, insbesondere in regulierten Branchen wie dem Gesundheitswesen oder der Automobilindustrie. Hier ist eine gründliche Qualitätssicherung das A und O.

Upskilling: Einen persönlichen Lernplan für das kommende Jahr erstellen

Richie und Florian Fieber empfehlen Testern, die ihre Lernreise für 2026 planen, einen ergänzenden Ansatz: Nutzen Sie Konferenzen, Webinare, Online-Videos und Zertifizierungen wie den ISTQB-Lehrplan für AI Testing und GenAI. Vielfältige Erfahrungen helfen den Testern, aufkommende Muster, häufige Fallstricke und Best Practices der Branche zu erkennen.

Am Ende des Jahres ist die Botschaft klar: Egal, ob du dich auf die Nutzung von KI konzentrierst, deine Strategien zur Zugänglichkeit verfeinerst oder einfach nur den Veränderungen in der Branche voraus bist - Fortbildung ist ein Muss. Der Bereich Softwarequalität wird neue Fähigkeiten, ein breiteres Bewusstsein und die Bereitschaft zur Anpassung erfordern. Die Reise geht weiter bis ins Jahr 2026.